Die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen ist in den letzten Jahren aufgrund ihrer entscheidenden Rolle in der Energiewende und digitalen Transformation stark gestiegen. Diese Materialien sind unerlässlich für die Produktion von Technologien wie Batterien für Elektrofahrzeuge, Windturbinen und Solarzellen. Doch wo werden diese Rohstoffe abgebaut und welche Umweltauflagen gelten dort?
Hauptabbaugebiete kritischer Rohstoffe
Der Abbau kritischer Rohstoffe ist global stark konzentriert und oft auf wenige Länder beschränkt. Beispielsweise stammen über 60 % des weltweiten Kobalts aus der Demokratischen Republik Kongo, während China den Markt für die Verarbeitung und Raffinierung von seltenen Erden dominiert [1,2]. Andere bedeutende Abbaugebiete umfassen Australien, das weltweit führend in der Lithiumproduktion ist, sowie Südafrika, das bedeutende Mengen an Platingruppenmetallen liefert.
„Menschen graben mit Spitzhacken selbst Löcher. © Getty Images / The Washington Post / Michael Robinson Chavez“ [5]
In Europa selbst gibt es ebenfalls Vorkommen kritischer Rohstoffe, jedoch ist der Abbau oft wirtschaftlich und ökologisch herausfordernd, was dazu führt, dass viele dieser Materialien importiert werden. Beispielsweise besitzt Europa zwar Potenziale für den Abbau von Graphit und Lithium, jedoch wird aufgrund strenger Umweltauflagen und hoher Kosten nur ein geringer Teil dieser Ressourcen tatsächlich gefördert [3,4].
Bis vor Kurzem war Westaustralien vor allem für die Produktion von Eisenerz bekannt: Hier die Marandoo-Mine in Pilbara 2008 [2*]
Umweltauflagen und Herausforderungen
Die Umweltauflagen in den Abbaugebieten variieren stark und sind oft unzureichend, um nachhaltige und ethische Standards zu gewährleisten. In vielen Ländern, insbesondere in Entwicklungsländern, fehlt es an robusten gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Durchsetzung bestehender Vorschriften. Dies führt zu schlechten Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung und anderen negativen Auswirkungen auf lokale Gemeinschaften und Ökosysteme [1, 4].
In der Demokratischen Republik Kongo beispielsweise wird der Kobaltabbau oft mit Kinderarbeit und katastrophalen Arbeitsbedingungen in Verbindung gebracht. Solche Praktiken sind nicht nur ethisch fragwürdig, sondern tragen auch erheblich zur Umweltverschmutzung bei. Große Konzerne und Länder, die diese Rohstoffe importieren, stehen daher vor der Herausforderung, sicherzustellen, dass ihre Lieferketten ethisch und umweltfreundlich sind [4].
Etwa zehn Prozent des geförderten Kobalts werden im handwerklichen Kleinbergbau gewonnen [5]. In diesem Fall graben die Menschen die Löcher selbst mit Spitzhacken. In einigen Gebieten haben Bauern Kobalt entdeckt, als sie den Boden ihrer Gemüsefelder durchwühlten. Einige arbeitslose Kongolesen graben auch in alten, stillgelegten Bergwerksstollen, in der Hoffnung, damit Geld zu verdienen. Obwohl diese Art des Kleinbergbaus im Kongo illegal ist, ist sie immer noch weit verbreitet. Der Verkauf dieses Kobalts ist praktisch illegal, aber es wird immer noch über korrupte Netze auf den Weltmarkt geschmuggelt.
Jean Pierre Okenda, der kongolesische Menschenrechtsanwalt, hat erst im vergangenen November entsprechende Abbau-Gebiete besucht. „Ich habe mehr als 50 Minenarbeiter befragt, um herauszufinden, was sie verdienen. Aber die haben einfach nichts: kein Bankkonto, kein Handy. Sie arbeiten jeden Tag, um zu überleben. Sie haben keine Krankenversicherung. Wenn sie krank werden, können sie ihre Kinder nicht mehr zur Schule schicken oder etwas zu Essen kaufen. Das erklärt auch, warum so viele Frauen unter diesen extrem schwierigen Bedingungen arbeiten und teilweise sogar Kinder. Also für mich ist dies tatsächlich modernes Sklaventum. [5]“
Im Kongo lagert rund die Hälfte der weltweiten Reserven des wertvollen Rohstoffs Kobalt – abgebaut wird es teilweise von Kindern (AFP / Junior Kannah) [3*]
Nachhaltigkeitsinitiativen und internationale Zusammenarbeit
Um die negativen Auswirkungen des Rohstoffabbaus zu minimieren und die Nachhaltigkeit zu fördern, haben internationale Organisationen und Regierungen verschiedene Initiativen gestartet. Die Europäische Union hat beispielsweise den „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) verabschiedet, der darauf abzielt, eine nachhaltige und ethische Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu gewährleisten. Dieser Rechtsrahmen setzt auf strenge Umwelt- und Sozialstandards, um sicherzustellen, dass der Abbau und die Verarbeitung dieser Materialien so umweltschonend wie möglich erfolgen [6]. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative „Securing Minerals for the Energy Transition“ des Weltwirtschaftsforums, die sich für gerechte und nachhaltige Primärlieferketten sowie die Beschleunigung von Sekundärmineralmärkten einsetzt. Diese Plattform fördert die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen, um ethische und umweltfreundliche Praktiken im Rohstoffsektor zu etablieren [1].
Schlussfolgerung
Der Abbau kritischer Rohstoffe ist unerlässlich für die moderne Technologie und die globale Energiewende, doch er geht oft mit erheblichen Umwelt- und Sozialproblemen einher. Während Länder wie die Demokratische Republik Kongo und China eine zentrale Rolle in der Versorgung mit diesen Rohstoffen spielen, stehen sie vor der Herausforderung, nachhaltige und ethische Standards zu erfüllen.
Internationale Kooperationen und strenge gesetzliche Rahmenbedingungen wie der CRMA der Europäischen Union sind entscheidende Schritte, um sicherzustellen, dass der Abbau und die Verarbeitung kritischer Rohstoffe verantwortungsbewusst und nachhaltig erfolgen. Diese Maßnahmen müssen weiterentwickelt und verstärkt werden, um die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu minimieren und eine gerechte Verteilung der Ressourcen sicherzustellen.
Literatur:
1.Critical minerals are in demand. How do we make sure this trend drives development?/ Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.weforum.org/agenda/2024/05/critical-minerals-are-in-demand-how-do-we-make-sure-this-trend-drives-development/
2. Explainer: Where are the critical raw materials the EU needs for its green transition? / Zugriff am 09.06.2024 unter https://www.euronews.com/business/2023/03/10/explainer-where-are-the-critical-raw-materials-the-eu-needs-for-its-green-transition
3. The global fight for critical minerals is costly and damaging / Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.nature.com/articles/d41586-023-02330-0
4.Critical Minerals and the Role of U.S. Mining in a Low-Carbon Future / Zugriff am 10.06.2024 unter
https://www.csis.org/analysis/critical-minerals-and-role-us-mining-low-carbon-future
5.Kobalt aus dem Kongo. Kleinbergbau als Chance? / Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.deutschlandfunkkultur.de/kobalt-aus-dem-kongo-100.html
6. How the EU’s Critical Raw Materials Act will help create a sustainable rare earth supply chain / Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.innovationnewsnetwork.com/how-eus-critical-raw-materials-act-help-create-sustainable-rare-earth-supply-chain/32215/
Bildverzeichnis:
1.Kobalt aus dem Kongo. Kleinbergbau als Chance? / Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.deutschlandfunkkultur.de/kobalt-aus-dem-kongo-100.html
„Menschen graben mit Spitzhacken selbst Löcher“. © Getty Images / The Washington Post / Michael Robinson Chavez
2*. Australiens Bodenschatz-Barone horchen auf. / Zugriff am 10.06.2024 unter https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wie-australien-weltzentrum-fuer-lithiumproduktion-werden-will-15977124.html
3*. Kobaltabbau im KongoDer hohe Preis für Elektroautos und Smartphones. / Zugriff am 09.06.2024 unter https://www.deutschlandfunk.de/kobaltabbau-im-kongo-der-hohe-preis-fuer-elektroautos-und-100.html
4. Titelbild: Zugriff unter https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/oekologische-rohstoffverfuegbarkeit am 10.06.2024