Du betrachtest gerade Pasteurisierte Milch vs. Rohmilch
Verarbeitungsschritte in der Molkerei, Grafik in der Milcherlebniswelt der Obersteirischen Molkerei, Foto: A.F.

Pasteurisierte Milch vs. Rohmilch

Wenn man vom ökologischen Fußabdruck von Milch spricht, denkt man oft daran wie viel Treibhausgase die Milchkuh freisetzt. Doch welcher Energieaufwand und welche Umweltbelastung entstehen bei der Weiterverarbeitung von Milch?

Nach dem Melken hat die frische Milch etwa 38°C. Bevor sie zur Molkerei kommt, wird sie direkt am Bauernhof auf etwa 4°C herunter gekühlt bis sie vom Milchwagen abgeholt wird, der sie zur Molkerei bringt. Grundsätzlich kann die Milch nach ihren Bearbeitungsverfahren unterteilt werden: In Rohmilch, Frischmilch, Länger-Frisch-Milch und Haltbarmilch.[1] Damit Keime in der Milch abgetötet werden und sie länger haltbar wird, wird Milch, die in die Molkerei geliefert wird, erhitzt und danach wieder gekühlt.

Pasteurisierte Milch wird dabei für 15 bis 30 Sekunden auf 72 °C bis 75 °C erhitzt. Die sogenannte „Länger frisch“-Milch wird für 4 bis 10 Sekunden mit einer Wärme von 85 °C bis 127 °C behandelt. Haltbarmilch wird am stärksten erwärmt, also ultrahocherhitzt: für 2 bis 3 Sekunden auf 135 °C bis 150 °C.  Rohmilch hingegen wird nach dem Melken nur gekühlt und gar nicht erhitzt.

links: pasteurisierte Milch (mit einem kreativen Etikett :)), rechts: Rohmilch (mit dem Hinweis die Milch vor dem Verzehr abzukochen)

 

Ein Blick auf Österreich

In Österreich ging 2022 immerhin der Großteil (88,8 %) der erzeugten Kuhrohmilch, das sind 3 500 300 t an Molkereien und Verarbeitungsbetriebe. Die restliche Rohmilch wurde, abgesehen von einem geringfügigen Schwund, auf den Höfen selbst verwertet: 260 500 t (6,6 % der Erzeugung) dienten als Futtermittel für Tiere (Kälber, Nutz- und Haustiere) und 142 300 t (3,6 % der Erzeugung) wurden roh oder in verarbeiteter Form am oder ab Hof zur menschlichen Ernährung verwendet.[2]

Gerade bei der Verarbeitung von Milch in den Molkereien und großen Betrieben wird viel Energie benötigt. Die Molkerei der Tirol Milch (inzwischen auch Teil des großen Konzerns Berglandmilch) wirbt damit, dass ihre Molkerei sogar „klimapositiv“ ist. Die benötigte Energie für die Molkerei kommt aus Photovoltaikanlagen und aus einem Biomasse-Heizwerk, für das die Hackschnitzel aus regionalen Wäldern stammen. Die noch verbliebenen Emissionsmengen kompensiert Tirol Milch durch Investitionen in ein Klimaschutzprojekt in Asien.[3] Im Jahr 2022 verarbeitete die Tirol Milch in Wörgl 246 Mio. kg[4] Kuhmilch.

Im Nachhaltigkeitsbericht von Bergland Milch wird aufgeschlüsselt, wo die Emissionen anfallen: Die meisten Emissionen entstehen im Bereich Scope 3 (vor- und nachgelagerte Emissionen, wie etwa bei zugekauften Dienstleistungen, beim Transport, den Landwirtschaften, die die Milch liefern usw.), gefolgt von den direkten Emissionen des Unternehmens (Scope 1). In diesem Bereich entfällt der Großteil der Emissionen auf den Wärmeverbrauch in der Molkerei.[5]

Ausschnitt aus dem Nachhaltigkeitsbericht 2022 von Tirol Milch.

 

Im Vergleich dazu verarbeitet die Obersteirische Molkerei – die wir im Zuge unserer Lehrveranstaltung besuchten – täglich 600.000 kg Milch, d. h. 219 Mio. kg Kuhmilch jährlich. Auch in Bezug auf die Energienutzung unterscheiden sich die beiden Molkereien. Auf Nachfrage, welche Energiequellen zur Kühlung und zum Erwärmen der Milch bzw. für die Herstellung der Produkte verwendet werden, erfuhren wir, dass die Molkerei stark von Erdgas abhängig ist. Vor allem für eine schnelle Erhitzung, wie beim Pasteurisieren sind sie auf fossile Energiequellen angewiesen. Ein Versorgungsengpass würde die Produktion nach etwa ein bis zwei Tagen zum Erliegen bringen. Doch was heißt das nun für uns als Konsument*innen?

 

Verarbeitungsschritte in der Molkerei, Grafik in der Milcherlebniswelt der Obersteirischen Molkerei (OM), Foto: A.F.

 

FAZIT

Zusammenfassend sollte man beim Kauf von Milch(produkten) also auch folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Wie viele Energie wurde bei den Verarbeitungsschritte benötigt?
  • Woher wird die Energie bezogen?
  • Wie weit sind die Transportwege?

Auffallend ist, dass Rohmilch bei der Energiebilanz eigentlich nie aufscheint, weil sie keine intensiven Verarbeitungsschritte durchläuft – außer, wenn sie zu Käse verarbeitet wird. Aus einer ökologischen Perspektive spricht also so einiges für den Kauf von Rohmilch. Sie kann ganz einfach bei Milchautomaten (einen Überblick findet man hier) bezogen werden – ohne hohen Energieeinsatz, lediglich für die Kühlung. Auch die Transportwege sind z. B. in Graz kürzer und sogar oft gut mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Wer nicht auf die pasteurisierte Milch verzichten will, sollte also nicht nur einen Blick auf die Tierhaltung und div. Siegel werfen, sondern sich auch über die Verarbeitung in der Molkerei informieren und falls möglich überprüfen, welche Energiequellen für die einzelnen Verarbeitungsschritte benützt werden.

 

[1] Online: https://www.landschafftleben.at/lebensmittel/milch/tipps#waermebehandlung (Stand: 22.11.2023)

[2] Online: https://www.statistik.at/fileadmin/user_upload/SB_1-10_Milch_2022.pdf (Stand: 28.11.2023)

[3] Online: https://www.oekonews.at/?mdoc_id=1164136 (Stand: 28.11.2023)

[4] Online: https://www.tirolmilch.at/unternehmen/unsere-geschichte (Stand: 28.11.2023)

[5] Online: https://www.berglandmilch.at/de/berglandmilch-nachhaltigkeitsbericht-2022 (Stand: 01.12.2023)