Was versteht man überhaupt unter „Globaler Norden“ und „Globaler Süden“? Zunächst ist diese Einteilung nicht rein geographisch zu verstehen: zum Globalen Norden zählen auch Länder wie Neuseeland und Australien. Andersrum werden, je nachdem welche Kriterien gemessen werden, auch z.B. Albanien und die Ukraine zum Globalen Süden gezählt. Die Länder des Globalen Nordens haben im Vergleich zum Globalen Süden beispielsweise eine höhere Wirtschaftsleistung, einen höheren Bildungsstandard und einen höheren Grad and Industrialisierung und Technologie. Gemessen werden diese Faktoren z.B. mit dem „Bruttonationaleinkommen pro Kopf“.
Die Abgrenzung in Globaler Norden und Globaler Süden hat ihre Ursprünge im Kolonialismus. Verkürzt ausgedrückt: Ohne die unterdrückenden und ausbeuterischen Praktiken des Kolonialismus würde es diese Einteilung nicht geben. Beispielsweise wurden im Zuge dessen (kritische) Rohstoffe den Ländern des Globalen Südens von Ländern des Globalen Nordens gewaltsam und ohne jegliche Vergütung entnommen.
Mit den Begriffen „Globaler Süden/Globaler Norden“ will man auch die problematischen Begriffe „Entwicklungsländer“ oder „Schwellenländer“ ersetzen und eine vergleichende Perspektive und keine abwertende Perspektive wie bei „Erster, Zweiter und Dritter Welt“ einnehmen. Aber auch die Einteilung in einen „besser entwickelten“ Norden und einen ausgebeuteten Süden ist umstritten, da auch sie nicht wertfrei ist und ein zu stark vereinheitlichtes Bild erzeugt wird. (1) Aufgrund mangelnder Alternativen und zur besseren Verständlichkeit beschäftigt sich dieser Beitrag mit dem Zusammenhang von Rohstoffabbau im Globen Süden und Globalen Norden.
Auch heute noch herrschen beim Abbau von kritischen Rohstoffen im Globalen Süden ähnliche Zustände wie zur Zeit des Kolonialismus. Beispielsweise werden im Zuge dessen Menschen gewaltsam von ihren Heimatorten vertrieben und die Umwelt in diesen Gebieten wird zerstört. Dabei würde der wirtschaftliche Ertrag, der aus dem Abbau von kritischen Rohstoffen gemacht wird, ein enormes Potential für mehr Wohlstand z.B. in einigen Ländern Afrikas bringen. Eine Möglichkeit, die Umstände zu verbessern, wäre diesen Ländern ein stärkeres Mitbestimmungsrecht auf der internationalen politischen Bühne zu ermöglichen. (2)
Einen Beitrag für gerechtere Bedingungen beim Abbau von kritischen Rohstoffen im Globalen Süden leisten z.B. die Organisation „CRAAD-OI“ und „WoMin“, die nicht nur Auswirkungen des Abbaus auf Natur und Lebensbedingungen, sondern auch spezifisch auf weibliche Personen untersuchen. Die Organisationen haben z.B. die Umstände bei einem geplanten Abbauprojekt in Ampasindava, in Madagaskar untersucht. Gegen dieses Projekt lehnten sich Einheimische auf, weil ohne jeglichen Konsens Minen gebaut wurden, deren Bau vor allem die Tiere der Bevölkerung bedrohen. (3) Für das Projekt wurde im Vorfeld mit der Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten geworben. Es wurde aber unterschlagen, dass diese Arbeitsmöglichkeiten sich nur kurzfristig beim Bau der Minen ergeben. Außerdem wurden Frauen daran gehindert, am Projekt mitzuarbeiten. (4) „CRAAD-OI“ hat auch festgestellt, dass das Projekt durch eine stark unsichere Finanzierung gekennzeichnet ist. Durch die Auflehnung der Einheimischen und die Unterstützung durch die Organisationen konnte bisher (Stand Mai 2024) eine umfassende Ingangsetzung des Abbaus gestoppt werden. Das Projekt konnte vor allem durch breitgefächertes und globales Informieren eingedämmt werden. (5) Diese Woche hatten wir im Rahmen des interdisziplinären Praktikums auch die Möglichkeit einen Vortrag zu dieser Thematik vom Verein „Südwind“ zu besuchen.
An diesen Beitrag möchten wir noch eine Perspektive auf das Ungleichgewicht zwischen Globalem Norden und Globalem Süden aus dem Globalen aus dem Globalen Süden anführen: „Noch ist Zeit, einen gerechten und demokratischen Übergang einzuleiten der die neo-kolonialen globalen Beziehungen zwischen Norden und Süden abbaut. Wir können die Transformation vom neoliberalen Wirtschaftssystem in eine Richtung schaffen, die das Leben erhält, soziale Gerechtigkeit mit Umweltgerechtigkeit verbindet, egalitäre und demokratische Werte mit einer widerstandsfähigen, ganzheitlichen Sozialpolitik verbindet und das ökologische Gleichgewicht wiederherstellt, das für einen gesunden Planeten notwendig ist. Aber dafür brauchen wir mehr politische Phantasie und mehr utopische Visionen einer anderen Gesellschaft, die sozial gerecht ist und sowohl die Vielfalt als auch unser gemeinsames Haus auf dem Planeten respektiert.“ (6) Weitere Forderungen des „Manifest der Völker des Südens für eine ökosoziale Energiewende“ könnt ihr auf der unter (6) verlinkten Website nachlesen.
Nächste Woche beschäftigen wir uns wieder mit dem Abbau von kritischen Rohstoffen im Globalen Norden. Konkret mit den historischen Gegebenheiten beim Abbau von kritischen Rohstoffen in der Steiermark.
(1) Friedrich Ebert Stiftung (2024). Globaler Süden. https://www.fes.de/wissen/globaler-sueden [01.06.2024]
(2) Der Standard (06.06.2023). Experten kritisieren „grünen Kolonialismus“ bei kritischen Rohstoffen. https://www.derstandard.at/story/3000000173414/kritische-rohstoffe-experten-kritisieren-gr252nen-kolonialismus [01.06.2024]
(3) Südwind (2023). Seltene Erden: Umkämpfte Rohstoffe der Zukunft. Teil B – Fallstudie: Widerstand gegen den Abbau Seltener Erden in Madagaskar. S.3. https://www.suedwind.at/fileadmin/user_upload/suedwind/Themen/Elektronik/SUEDWIND_Infoblatt_Teil_B_Madagaskar_Ansicht.pdf [01.06.2024]
(4) Randriamaro, Z./ CRAAD-OI (2022): “Ecofeminist Impact Assessment of the Rare Earths Exploitation Project in Ampasindava, Madagascar.” S.25-26.
(5) Südwind (2023), Seltene Erden: Umkämpfte Rohstoffe der Zukunft. S.2-6. [01.06.2024]
(6) Manifest der Völker des Südens – Für eine ökosoziale Energiewende (25.02.2023). https://pactoecosocialdelsur.com/manifest-der-volker-des-sudens-fur-eine-okosoziale-energiewende/ [01.06.2024]
Quelle Beitragsbild: https://pixabay.com/de/illustrations/hintergrund-daten-netzwerk-netz-3228704/