Bevor an dem Bespiel Bergbau in den Kohlerevieren in der Lausitz erklärt werden soll, was für Veränderungen und Probleme auf eine Region warten nachdem der Bergbau dort beendet wurde, gilt es zu definieren, was dieses dubiose Schlagwort „Strukturwandel“ eigentlich bedeutet. Die BPB definiert Strukturwandel wie folgt:
„Strukturwandel, die mit der marktwirtschaftlichen Dynamik verbundenen, mehr oder weniger stetigen Veränderungen der wertmäßigen Beiträge der einzelnen Wirtschaftszweige und Wirtschaftssektoren zum Sozialprodukt. […] Den Strukturwandel kann man […] nach Wirtschaftszweigen […] beziehen, aber auch nach Regionen[…]. Strukturveränderungen erfordern ständige Anpassungsprozesse und vorausschauende Maßnahmen der Strukturpolitik.“ (1)
Strukturwandel in der Lausitz
Die Lausitz liegt im Nordosten Sachsen und im Süden Brandenburgs rund 150km süd-östlich von Berlin. Während der DDR war die Lausitz einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte der ehemaligen Demokratischen Republik. Denn die dort zu findende Kohle war nicht nur viel Wert, sondern als Energieträger dringend benötigt. Heute sind die meisten Tagebauten dort ausgekohlt und stillgelegt. Von den rund 90.000 Beschäftigten zur Zeiten der DDR sind nur noch wenige im Tagebau als Bergmänner oder Bergfrauen tätig und bis spätestens 2038 soll mit dem Kohlebergbau in vor Ort ganz Schluss sein. (2) Doch was passiert danach? Bereits jetzt gibt es einige Ideen und Veränderungen die sich alle unter dem Stichwort Strukturwandel zusammenfassen lassen.
Soziale Folgen
Strukturwandel ist oft negativ besetzt und das nicht ohne Grund. Regionen wie die Lausitz wurde durch den Wegfall des größten Wirtschaftszweigs natürlich auch die Attraktivität genommen. In der Vergangenheit wurden Menschen reihenweiße arbeitslos, zogen daher weg oder um und orientierten sich neu. (3) Die, die dortgeblieben sind, sind unzufrieden mit ihrer aktuellen Situation. Da hilft auch kein im Zuge des Strukturwandels bereits umgesetztes Renaturierungsprojekt. Auch die mit Wasser aufgefüllten Tagebauten, die heute mit einer Fläche von 144 Quadratkilometern Europas größte künstlich erzeugte Seenplatte sind helfen kaum. (4) Denn der Strukturwandel bedeute zum Beispiel die Umstellung auf Tourismus. Menschen, die ihr Leben lang im Bergbau tätig waren, kommen diesen Anforderungen nur schwer nach. Daher hat sich auch aktuell im Vergleich zu den Folgen der späten 90er Jahre kaum etwas verändert. Auch heute sind ähnliche Tendenzen zu beobachten. Die Folgen sind, dass immer mehr Menschen aus der Region ziehen, die Arbeitslosigkeit stiegt und mit ihr die Unzufriedenheit. So ist es nicht verwunderlich, dass die AfD bei den Sächsischen Landtagswahlen im Juni 2024 in den Landreisen der Lausitz mit weit über 30% Stimmanteil als Wahlsieger:in hervorging. (5)
Soziale Folgen Überregional
Wir hatten vor zwei Wochen einen Blogpost über die Tesla-Werke in Brandenburg geschrieben. Was hat das ganze jetzt mit dem heutigen Thema Strukturwandel im Bergbau zu tun?
Die Teslawerke werden ja schon seit Jahren dafür bemängelt, das Grundwasser und die Wasserressourcen der Region überzustrapazieren. Heut wissen wir, das stimmt. (6) Das Wasser in der Region in und um Berlin wird zunehmend knapper. Lösungen gibt es bislang nur wenige. Eine Idee ist das Pumpsystem für Trinkwasser von der Spree aus Richtung Berlin auszubauen. Doch dabei gibt es eine Hürde: Der Strukturwandel in der Bergbauregion Lausitz. Obwohl Berlin und die Lausitz über 150 Kilometer liegen hängt die Wasserversorgung Berlins zukünftig vom Tagebau in der Lausitz ab. Denn die Spree als Trinkwasserressource ist nur ganzjährig nutzbar, weil aus den Lausitzer Tagebau täglich Grundwasser abgepumpt und in die Spree geleitet werden. Ab 2038, wenn der Tagebau in der Lausitz endgültig beendet ist, die Gruben mit Wasser vollgelaufen sind, wird sich auch der Wasserpegel der Spree besonders im Sommer nach untern regulieren. Für die Wasserversorgung für den Großraum Berlin würde dies dann aber nicht mehr ausreichen. Somit naht der Strukturwandel in der Lausitz auch soziale Folgen außerhalb der Region. (7) Denn in Berlin wird die Wasserfrage zunehmend zu einer Klassen und Versorgungsfrage, die sich zu Zeit noch durch die Nutzung der Spree verzögern lässt. Doch zukünftig werden die Diskussionen rund um den Strukturwandel der Lausitz nicht ohne Berliner Einwände und Forderungen ablaufen können, weil die Menschen dort ebenso von den Folgen der Prozesse betroffen sind/sein werden.
(1) https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20784/strukturwandel/
(2) https://taz.de/Die-Lausitz-im-Strukturwandel/!5987607/
(6) https://t-den-hahn-abdrehen.org/
(7) https://open.spotify.com/episode/2EYPRdEFsK9rm42nBM89RV?si=56e175bc2e8743e5