Avocado-Boom mit bitterem Beigeschmack: Ernährung, Landnutzung und globale Gerechtigkeit
Die Avocado ist längst mehr als nur ein Lebensmittel – sie steht symbolisch für einen globalen Ernährungstrend: grün, gesund, „bewusst“. Doch hinter dem Image der Superfrucht verbirgt sich eine Realität, die mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung schwer vereinbar ist.
Avocados sind extrem ressourcenintensiv. Für ein Kilogramm werden bis zu 1.000 Liter Wasser benötigt. In den Hauptanbauländern Mexiko, Chile und Peru verschärft dies die ohnehin angespannte Wassersituation. In vielen Regionen sinken die Grundwasserspiegel drastisch, Böden versalzen und verarmen. Der Anbau erfolgt häufig in Monokulturen, die ganze Ökosysteme verdrängen, Waldflächen vernichten und die Biodiversität bedrohen – ein klarer Widerspruch zu SDG 15. [1]
Gleichzeitig führt der globale Avocado-Boom zur Umverteilung von Land und Ressourcen. Kleinbäuerliche Betriebe werden durch exportorientierte Großplantagen verdrängt. Dadurch gerät die lokale Ernährungssicherheit zunehmend unter Druck, was SDG 2 – den Kampf gegen den Hunger – konterkariert. Während Konsument:innen im Globalen Norden auf vermeintlich nachhaltige Ernährung setzen, entstehen in den produzierenden Ländern soziale Verwerfungen und ökologische Schäden. [2] [3]
Auch klimatisch ist der Avocado-Konsum kritisch zu betrachten. Die lange Transportkette, energieintensive Kühlung und Lagerung belasten die CO₂-Bilanz erheblich. Der Mythos „pflanzlich = klimafreundlich“ greift hier zu kurz. In vielen Fällen ist eine saisonale, regionale Ernährung ressourcenschonender und gerechter. [4]
Lösungsansätze für eine nachhaltige Ernährungspolitik
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Bewusst konsumieren: Avocados als gelegentliche Ergänzung, nicht als Grundnahrungsmittel. Herkunft, Anbaumethoden und Zertifizierungen (z. B. Fair Trade, Rainforest Alliance) sollten transparent sein und in die Kaufentscheidung einfließen.
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Regionale Alternativen fördern: In Europa gibt es regionale, nährstoffreiche Alternativen wie Walnüsse, Erbsenaufstrich oder Leinsamenöl, die ähnliche gesundheitliche Vorteile bieten, aber geringere ökologische Auswirkungen haben.
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Politische Rahmenbedingungen ändern: Regierungen sollten nachhaltige Landwirtschaft stärker subventionieren, den Import problematischer Produkte kritisch prüfen und Umwelt- sowie Sozialstandards in Handelsabkommen verankern.
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Globale Lieferketten hinterfragen: Unternehmen und Verbraucher:innen müssen die Verantwortung entlang der gesamten Wertschöpfungskette übernehmen – vom Anbau über Transport bis zum Verkauf.
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Wissen fördern: Bildungsarbeit zu Ernährung, globaler Gerechtigkeit und Umweltfolgen ist zentral, um Ernährungsmythen aufzubrechen und nachhaltige Konsumentscheidungen zu fördern.
Eine gerechte und ökologische Ernährung der Zukunft kann nur gelingen, wenn sie ganzheitlich gedacht wird – nicht nur im Hinblick auf Gesundheit, sondern auch auf Klima, Ressourcenverteilung und Menschenrechte. Nur so kann die Agenda 2030 Wirklichkeit werden.
Quellen
[1] https://www.zeit.de/2022/25/avocado-gesundheit-oekologie-wasserverbrauch
[2] https://www.n-tv.de/panorama/Avocado-Landwirte-pumpen-Kleinbauern-das-Wasser-ab-article24900011.html
[3] https://www.spiegel.de/ausland/tansania-wie-aus-kleinbauern-superfood-produzenten-werden-sollen-a-d16a218f-1dea-44b3-8fb2-7845ccfaa263
[4] https://www.sueddeutsche.de/stil/avocado-umweltbilanz-1.4043316