Wie Insekten unsere Ernährung revolutionieren könnten
Die Entomophagie bezeichnet nichts anderes als den Verzehr von Insekten durch den Menschen. Diese Art der Ernährung ist eigentlich nichts Neues und wird in vielen Länder weltweit alltäglich praktiziert. Doch erst seit kurzem ist auch hierzulande die Öffentlichkeit vermehrt auf dieses Thema aufmerksam geworden. Auslöser dafür könnte die erstmalige offizielle Zulassung von Insekten als „neuartige“ Lebensmittel in der EU durch die Novel Food Verordnung (EU) 2015/2283 sein – neuartig bedeutet laut dieser Verordnung, dass sie vor dem Stichtag 15. Mai 1975 in keinem nennenswerten Umfang konsumiert wrden. Seit Juni 2021 wurden bisher 4 Insektenarten in unterschiedlichen Aggregatszuständen zugelassen und verfeinern seither unsere Küche als Pulver etwa in Proteinriegeln, als Paste oder im Ganzen als besonderer Kick zum Drüberstreuen, wie auch beispielsweise auf Schokoladen – unter anderem von berühmten steirischen Chocolatiers [1].
Die Vorteile von insektenbasierter Ernährung liegen klar auf der Hand: neben ihrem hohen Proteingehalt, für den sie im Gegensatz zu anderen Tieren nur wenig Futtermittel, Wasser, wie auch Fläche und CO2 verbrauchen, sind sie auch noch voll mit ungesättigten Fettsäuren (ähnlich wie Fisch) und Ballaststoffen – sodass die FAO sie sogar als wichtige Nahrungsergänzung für unterernährte Kinder nennt. Auch als Futtermittel sind sie bereits in Verwendung und können dabei gängigen Proteinquellen wie Soja und Fischmehl durchaus Konkurrenz machen bzw. einen wichtigen Beitrag zur Nahrungs- und Futtermittelsicherheit leisten [2].
Die Aufzucht von Insekten ist zum einen relativ einfach und ressourcenschonend. Häufig werden Insekten noch aus der Wildnis gesammelt und sind im kleinen Stil auch relativ einfach zu züchten: ein Eimer, ein wenig Wasser und kleine Orte zum Verstecken reichen häufig aus. Zudem können Insekten, vor allem wenn sie als Futtermittel eingesetzt werden, auch von sogenannten Abfallströmen ernährt werden, als von Lebensmittelabfällen und anderen biologischen Abfallarten. Anders sieht die Situation bei der groß angelegten Produktion aus – hier kann die Aufzucht von Insekten noch nicht mit der herkömmlichen Lebens- und Futtermittelproduktion mithalten. Bisher werden Insekten noch in Klein- und Mittelbetrieben gezüchtet, was es braucht, wäre eine höhere Technisierung sowie gesetzliche Rahmenbedingungen zur Einführung und Vermarktung in Lebensmittelmärkte [3].
“Forschung ist erforderlich, um kosteneffektive, energieeffiziente und mikrobiell sichere Zucht-, Ernte- und Nachernteprozesstechnologien sowie Hygienemaßnahmen zu entwickeln und zu automatisieren, um Lebens- und Futtermittelsicherheit zu gewährleisten und sicher Insektenprodukte zu einem vernünftigen Preis in industriellem Großmaßstab, besonders im Vergleich zu Fleischprodukten, herzustellen.“ [4]
Neben Technisierung, Lebensmittelsicherheit auch im Bereich der Lebensmittelverträglichkeit bzw. Allergien und dem rechtlichen Rahmen, stellen sich noch weitere Fragen, bevor mit dem großen Krabbeln auch in Europa so richtig begonnen werden kann. Insekten haben für ihre jeweiligen Ökosysteme große Bedeutung, als Bestäuber, für die Bodengesundheit oder als Beutetiere – diese empfindliche Balance muss unbedingt beachtet werden. So muss man gerade bei der Aufzucht in der Wildnis darauf achten, keine fremden, invasiven Arten einzuschleppen oder aber auf die Reproduktionsfähigkeit der jeweiligen Insektenpopulation zu achten. Auch heimische Märkte sind unbedingt zu schützen und gegebenenfalls die Aufzucht in domestizierter Form zu präferieren, um so keine Konkurrenz zu Familienbetrieben zu bilden, die mancherorts schon seit Generationen den Insektenfang und -verkauf leben [2].
Last but not least müssen wir uns erst einmal an den Gedanken gewöhnen, Insekten zu konsumieren, denn die kulturelle Abneigung gegenüber dem Superfood ist noch hoch. Während Insekten mancherorts als regelrechte Delikatesse gelten, muss hierzulande noch einiges an Aufklärungsarbeit geleistet werden und verschiedene Zugänge etwa über die Gastronomie oder den Sportsektor ausprobiert werden, um uns die geflügelten und gepanzerten Tierchen schmackhaft zu machen [3].
In diesem Sinne: Hakuna Matata und Bon Appètit.
Quellen:
[1] Europäische Kommission (2022): Insekten in Lebensmitteln – die Fakten; https://germany.representation.ec.europa.eu/insekten-lebensmitteln-die-fakten_de [zuletzt aufgerufen am, 24.01.2025]
[2] Halloran, A. und Vantomme, P. (2013): Der Beitrag von Insekten zu Nahrungssicherung, Lebensunterhalt und Umwelt; FAO: https://www.fao.org/4/i3264g/i3264g.pdf [zuletzt aufgerufen am, 24.01.2025]
[3] van Huis A. (2016): Edible insects are the future?, in: Proceedings of the Nutrition Society, 75(3):294-305, doi:10.1017/S0029665116000069
[4] Rumpold, B.A. & Schlüter, O.K. (2013): Nutritional composition and safety aspects of edible insects, in: Molecular Nutrition and Food Research, 57(3), doi:10.1002/mnfr.201200735