Wie wir im Blogeintrag letzte Woche gesehen haben, ist Palmöl ein vielseitiger Rohstoff, der in zahlreichen Lebensmitteln, Kosmetika und Haushaltsprodukten verwendet wird, wenngleich er für seine negativen Auswirkungen auf Umwelt und Menschen stark in der Kritik steht. Gleichzeitig hat Palmöl viele Vorteile, die ein einfaches Ersetzen durch andere Öle praktisch unmöglich machen. Daher kommen viele Untersuchungen und Initiativen zu dem Schluss, dass Palmöl nicht grundsätzlich schlecht sei – es müsse nur nachhaltig produziert werden. Hier setzen Initiativen wie das Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) und Zertifizierungssysteme wie der Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) an.
FONAP: Ein Zusammenschluss für nachhaltigen Palmölanbau
Das Forum Nachhaltiges Palmöl e.V. (FONAP) wurde 2013 gegründet und verfolgt das Ziel, den Anteil von zertifiziertem Palmöl in Deutschland schnellstmöglich auf 100 Prozent zu steigern. Der Verein setzt sich aus Unternehmen der palmölverarbeitenden Industrie, Verbänden, Nichtregierungsorganisationen sowie Ministerien wie dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zusammen. FONAP strebt dabei an, die Standards für nachhaltigen Palmölanbau kontinuierlich zu verbessern und Lösungen für die Herausforderungen in der Palmöl-Lieferkette zu erarbeiten. (1)
Die Arbeit der FONAP basiert auf der Selbstverpflichtung der Mitglieder, ausschließlich zertifiziertes Palmöl zu verwenden. Hierfür erkennt der Verein vier globale Zertifizierungssysteme an: den Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO), die Internationale Nachhaltigkeitszertifizierung (ISCC+), die Rainforest Alliance und den Roundtable of Sustainable Biomass (RSB). Diese Zertifizierungen sollen garantieren, dass das Palmöl unter Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialstandards produziert wurde. (1)
Zertifiziertes Palmöl: Ein Schritt in die richtige Richtung?
Zertifiziertes Palmöl ist ein erster Schritt, um die negativen Auswirkungen der Palmölproduktion zu verringern. Über Plattformen wie PalmTrace, dem Online-Marktplatz des RSPO, können Unternehmen zertifiziertes Palmöl, Palmkernöl und deren Derivate kaufen. Dies schafft Transparenz und ermöglicht eine bessere Nachverfolgbarkeit in der Lieferkette. Doch die Verfügbarkeit von zertifiziertem Palmöl ist noch nicht in ausreichendem Maße gegeben. Die Nachfrage übersteigt oft das Angebot, und es bleibt unklar, welcher Anbieter das gewünschte zertifizierte Produkt in der richtigen Qualität anbietet. (2)
Der RSPO: Ein Schritt zur Nachhaltigkeit – aber auch Ziel von Kritik
Der RSPO wurde 2004 gegründet und ist das wohl bekannteste Zertifizierungssystem für nachhaltiges Palmöl. Unternehmen, die das RSPO-Siegel tragen, verpflichten sich, bestimmte Nachhaltigkeitskriterien zu erfüllen. Dazu gehören der Verzicht auf die Zerstörung von Regenwäldern, der Schutz von Ökosystemen und die Wahrung der Rechte von Arbeitskräften und indigenen Völkern. (3)
Allerdings steht der RSPO auch seit Jahren in der Kritik. Zentrale Aspekte dabei sind, dass es sich bei der Zertifizierung um eine reine Selbstverpflichtung handelt und es keine unabhängige Kontrollinstanz gibt. (4) Besonders Menschenrechtsorganisationen werfen dem Zertifizierungssystem vor, immer wieder Verstöße gegen Arbeits- und Menschenrechtsstandards durch RSPO-zertifizierte Unternehmen zu tolerieren. Ein Beispiel hierfür sind die Palmölplantagen in Guatemala, auf denen es zu übermäßigen Arbeitsanforderungen, niedrigen Löhnen und dem Verbot der Gewerkschaftsbildung kommt. Zudem führt der Einsatz von Pestiziden zur Verschmutzung des Trinkwassers der umliegenden Gemeinden. (5)
Ein besonders kritischer Fall betrifft das Unternehmen NaturAceites, das in Guatemala Palmöl auf Monokulturen anbaut. Diese Plantagen wurden ursprünglich von indigenen Gemeinschaften genutzt, deren Land ihnen gegen ihren Willen entzogen wurde. Demonstrationen gegen diesen Landraub wurden gewaltsam unterdrückt und Mitglieder der betroffenen Gemeinden berichten von Einschüchterung und Kriminalisierung. Trotz dieser Missstände erhielt das Unternehmen die RSPO-Zertifizierung, was die Frage aufwirft, ob das Zertifizierungssystem ausreichend ist, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen zu verhindern. (5) Weiteres zu diesem Fall und der Rolle des Lebensmittelhändlers EDEKA kann hier nachgelesen werden.
Die Herausforderung: Rückverfolgbarkeit und Transparenz
Ein weiteres Problem stellt die mangelnde Rückverfolgbarkeit der Palmöl-Lieferkette dar. Auch wenn Unternehmen zertifiziertes Palmöl kaufen, gibt es oft keine klare Übersicht darüber, welcher Anbieter das Produkt nachhaltig und in der gewünschten Qualität produziert. Hier setzt die neue EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EUDR) an, die im Juni 2023 in Kraft trat. Diese Verordnung fordert, dass Produkte wie Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz nur noch in der EU angeboten werden dürfen, wenn sie ohne Abholzung und Waldschädigung hergestellt wurden. Unternehmen müssen Sorgfaltspflichten erfüllen und sicherstellen, dass ihre Lieferketten frei von illegaler Abholzung sind. (6)
Fazit: Ein langer Weg zu nachhaltigem Palmöl
Die nachhaltige Produktion von Palmöl ist eine komplexe Herausforderung, die viele Akteure in der Lieferkette betrifft. Zertifizierungen wie der RSPO und FONAP sind wichtige Bausteine auf dem Weg zu einer besseren Zukunft. Doch sie sind nur ein erster Schritt. Es bleibt notwendig, die Standards weiter zu verbessern, Transparenz zu erhöhen und sicherzustellen, dass Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in der Palmölproduktion effektiv verhindert werden. Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kann der Palmölsektor wirklich nachhaltig werden. Zudem sind alle Konsumierenden gefragt, durch ihre Kaufentscheidungen Druck auf die Industrie auszuüben, ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung nachzukommen. Dazu gehört, den Bedarf so weit es geht zu reduzieren, Verschwendung entgegenzuwirken und bei unvermeidlichem Konsum auf Zertifizierungen zu achten.
Literaturverzeichnis
(1) Forum Nachhaltiges Palmöl, https://forumpalmoel.org/
(2) Forum Nachhaltiges Palmöl, https://forumpalmoel.org/zertifizierung/
(3) RSPO, https://rspo.org/who-we-are/
(4) ZDF heute (22. Dezember 2023). So kann man Palmöl guten Gewissens nutzen, https://www.zdf.de/nachrichten/ratgeber/palmoel-nachhaltigkeit-umwelt-gesundheit-100.html
ECCHR (19. September 2024). Kritik an RSPO-zertifiziertem Palmöl von NaturAceites, https://www.ecchr.eu/pressemitteilung/kritik-an-rspo-zertifiziertem-palmoel-von-naturaceites/
(5) Forum Nachhaltiges Palmöl, https://forumpalmoel.org/herausforderungen/