Im letzten Post ging es allgemein um Gerste. Diesmal geht es um die politische Dimension, welche Gerste als Symbol im Konflikt zwischen Tibet und China einnimmt. Gerste ist mit einem Anteil von ca. 56% der wesentlichste Bestandteil der tibetischen Ernährung (1). Auch geschichtlich ist Gerste von großer Bedeutung, denn die ganzjährige Besiedelung des tibetischen Plateaus wurde erst mit Gerste möglich (2). Tsampa (Mehl aus gerösteter Gerste) ist besonders weit verbreitet in Tibet. Es ist lang haltbar und wird als Tee getrunken oder zu einem Brei verarbeitet, welcher mit weiteren Zutaten gegessen wird. Für Tibeter:innen spielt Tsampa einen zentrale Rolle im Protest gegen China.
Doch zuerst zur Geschichte des Konflikts: 1950/51 drang die Volksbefreiungsarmee der Volksrepublik China bis nach Lhasa, dem religiösen und administrativen Zentrum von Tibet, vor. Im Mai 1951 wurde von Repräsentant:innen beider Seiten das „17-Punkte-Abkommen zur friedlichen Befreiung Tibets“ unterzeichnet. Das Abkommen beinhaltet die Zusicherung der Souveränität Chinas über die tibetischen Gebiete, die Stationierung von chinesischen Truppen bei gleichzeitiger Anerkennung einer regionalen, politischen Autonomie Tibets. Doch unter den Tibeter:innen wuchs die Unzufriedenheit, da Peking zunehmend politische und soziale Kontrolle ausübte. Es kam zu einer Revolte im März 1959, bei welchem vermutlich tausende Menschen ums Leben kamen. Zu dieser Zeit flüchtete das tibetische Oberhaupt – der Dalai Lama – nach Indien, wie auch zuvor viele weitere Tibeter:innen. China verfolgt laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen eine politische Disziplinierungskampagne, eine rigorose Sicherheitsüberwachung und verpflichtende Berufsausbildungs- und Arbeitstransferprogramme, welche sich gegen die tibetische Kultur und Sprache richten. Zudem habe Folter und Tod in Haft massiv zugenommen. Die tibetische Exil-Regierung (in Indien) schätzt, dass die chinesische Besetzung insgesamt das Leben von 1,2 Millionen Tiberter:innen forderte (3).
2008 begannen neue Protestwellen in Tibet, in welchen Tsampa eine wesentliche Rolle einnimmt. Tsampa wurde zum Kernstück einer verbindenden, tibetischen Identität und das Essen von Tsampa zu einer Protestform. Mönche protestierten mit dem Spruch: „Rise up, all tsampa-eating Tibetans!“ (4).
Auch online hat der tibetische Protest mit #TsampaRevolution seinen Ausdruck gefunden. Der in Tibet aufgewachsene Künstler „Shapley“ besingt in seinem Song Tsampa „the Tibetan spirit will always remain“ (5).
Literaturverzeichnis:
(1) https://www.researchgate.net/publication/226861704_Barley_Production_and_Consumption