Nachdem wir uns im letzten Beitrag eingehender mit der Geschichte von Plantagen und deren kolonialen Verstrickungen auseinandergesetzt haben, möchten wir den Blick nun in die Gegenwart lenken. Plantagen gehören noch immer zur gelebten Praxis.
Auswirkungen von Globalisierung und Mechanisierung
Ein kurzer Blick auf die „sonnengewachsenen“ Kaffeeplantagen in Brasilien verrät uns, wie schädigend Plantagen sein können (1). Das hohe Ertragsziel, welches sich durch die Kommodifizierung des Landes ergeben hat, impliziert einen höheren Verbrauch von Düngemitteln und Pestiziden, wodurch die Pflanzen anfälliger für Krankheiten werden und außerdem die Insektenpopulationen dezimieren, weshalb weniger Vögel in Plantagenregionen überleben können (1). Kaffeebohnen werden traditionell per Hand gepflückt, doch die steigende Mechanisierung der Plantagenarbeit, wie sie besonders bei Kaffeeplantagen zu beobachten ist, führt zu einer stetigen Ertragssteigerung (1).
Als Beispiel können Kaffeeplantagen in Brasilien angebracht werden, auf denen fünf Arbeitskräfte, die Maschinen nutzen in drei Tagen gleich viel ernten können, wie 1000 Arbeiter*innen ohne Maschinen in Guatemala (1). Kaffee-Ernte ist sehr arbeitsintensiv, weswegen häufig auf saisonale Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. Diese machen den Großteil der Erntearbeiter*innen aus und haben vielfach keinen Arbeitsvertrag (2). Fluktuierende Kaffeepreise auf dem Weltmarkt wirken sich auf die Gehälter aus und wenn kein offizieller Arbeitsvertrag vorhanden ist, öffnet dies die Tür für Ausbeutung und Unterbezahlung. Hinzukommt, dass die weiteren Arbeitsbedingungen auf den Plantagen meist prekär sind. So fehlt es häufig an adäquater Arbeits- und Schutzkleidung, die wichtig sind, um sich vor giftigen Schlangen, Spinnen und Pestiziden, die zwischen den Kaffeepflanzen leben, zu schützen (2).
Arbeitsbedingungen auf den Plantagen
Kaffeefarmer setzen zunehmend auf Wanderarbeiter*innen, das heißt Personen, die nicht in der Umgebung der Kaffeeplantagen wohnen, sondern für die dreimonatige Erntephase migrieren und 10 bis 14 Stunden am Tag zu arbeiten (2). Warum ist besonders diese Gruppe für Kaffeefarmer interessant? Durch die weltweit zu beobachtende Urbanisierung ziehen immer mehr, vor allem junge Mensch, in die Städte, weswegen im ländlichen Raum ein starker Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften herrscht (3). Unausgebildete Arbeiter*innen, die in prekären Situationen leben, nehmen weite Wege auf sich, um Geld zu verdienen. Sie haben meist wenig Bildung, was ihre Arbeitsrechte anbelangt und sind folglich vulnerabel und können besser von Plantagenbesitzer*innen kontrolliert werden (2). Hinzukommt, dass die Preise auf dem Weltmarkt für Kaffee und Kakao stark fluktuieren, verstärkt durch den immanenten export-orientierten Charakter des Plantagenanbaus (4). Diese Preisveränderungen gehen häufig zulasten der Erntearbeiter*innen, die per Kilo bezahlt werden und folglich bei niedrigeren Weltmarktpreisen weniger verdienen. Dies knüpft an die Aussagen aus dem vorigen Blogbeitrag an: Im Fokus der Plantagen stehen der Ertrag und der finanzielle Profit. Menschen, die auf den Plantagen arbeiten werden anhand ihres Ernteertrages gemessen und somit zu quantifizierbaren Größen (5).
Durch unseren Konsum reproduzieren wir Lebensrealitäten auf den Plantagen. Es ist daher wichtig, dass wir uns mit den Liefer- und Wertschöpfungsketten auseinandersetzen, um garantieren zu können, dass unser nachmittäglicher Kaffee frei von Ausbeutung produziert wurde.
(1) Morris, J. (2019): Coffee – A Global History. Reaktion Books Ltd, London.
(2) Luís, J. (2020): Unsichtbar und verwundbar – Erntehelfer auf Kaffeefarmen. CafCaf – Kaffeeanbau & Ernte. Online abrufbar unter: https://www.cafcaf.de/kaffeeanbau-ernte/kaffee-erntehelfer/.
(3) Tacoli, C. & Agergaard, J. (2017): Urbanisation, rural transformations and food systems. IIED, London.
(4) ten Brink, D. (2017): From Colonialism to Fairtrade – Power Struggles Between Indonesia and the Netherlands. Uppsala University, Uppsala.
(5) Das Gupta, M. (2009): Imperial Plantations: Past, Present, and Future Directions. Journal of Historical Sociology, 23, 1, 1-16.